Kapitel 15
Du sollst keinen Gräuel essen. Folgendes ist das Vieh, das ihr essen dürfet, 5. B.M. 14,3,4.
Die Christen tadeln uns, daß wir uns des Genusses der unreinen, im göttlichen Gesetze verbotenen Tiere enthalten, indem sie sich auf das Evangelium Matth. 15,11 berufen, woselbst geschrieben steht, daß was durch den Mund in den Menschen hineinkommt, denselben nicht verunreinige, sondern was aus dessen Mund herauskommt; und somit - sagen sie - ist es ganz unnütz, daß ihr euch der verbotenen Speisen enthaltet.
Antwort:
Es ist bekannt, daß das Verbot des Genusses einer Speise, wenn auch der Verbietende nicht vom Geize dazu bewogen wird, aus einer von zweien Ursachen geschehen kann; entweder ist die Speise eine vornehme und werthvolle, während derjenige, der sie genießen soll, niedrig und gemein ist, oder umgekehrt die Speise ist niedrig und gemein, hingegen der sie genießen soll vornehm und werthvoll.
Es ist bekannt, daß Verbot des Genusses einer Speise, wenn auch der Verbietende nicht vom Geize dazu bewogen wird, aus einer von zweien Ursachen geschehen kann; entweder ist die Speise eine vornehme und wertvolle, während derjenige, der sie genießen soll, niedrig und gemein ist, oder umgekehrt, die Speise ist niedrig und gemein, hingegen der sie genießen soll, vornehm und wertvoll.
Nun können aber die Christen durchaus nicht behaupten, die verbotenen Tiere seien uns deswegen verboten, weil diese vornehm und wir derselben unwert wären, indem die h. S. sie nötigen muss, das Gegenteil einzugestehen, daß diese Tiere uns vielmehr, in Rücksicht auf ihre Unreinheit und unsre Heiligkeit verboten worden.
Sind demnach diese unreinen Gegenstände ihnen (den Christen) zum Genusse erlaubt, so könnte die Ursache nur sein, weil sie selbst auf niederem Standpunkte stehen, was auch die h. S. bekunden würde, mit den Worten 3. B.M. 11 Unrein sei es für euch d.h. nur für Euch, die ihr im Besitze der Heiligkeit seid, ist es unrein, nicht aber für andere Völker, die im Besitze der Heiligkeit nicht sind.
So heißt es auch ferner ebend. V. 43,44: Machet eure Seelen nicht zum Gräuel durch allerlei kriechendes Getier, und verunreiniget euch nicht mit denselben, denn ihr müsst durch sie unrein werden; denn ich bin der Herr, euer Gott: ihr müsst euch also heilig halten; so werdet ihr heilig sein, denn ich bin heilig; ihr dürft also eure Seelen nicht verunreinigen durch alles Kriechende, so auf der Erde kriecht.
Ferner ebend. 20,25-26: Ihr sollt einen Unterschied machen zwischen reinem Vieh und unreinem, zwischen unreinem Geflügel und reinem auf daß ihr nicht eure Seelen zum Gräuel machet, durch Vieh und Geflügel und was auf Erden kriecht, das ich von euch abgesondert, da es verunreinigt.
Ihr müsst mir geheiligt sein, denn heilig bin ich, der Herr, und ich habe euch von den Völkern abgesondert, daß ihr sollet mein sein.
Ferner 5.B.M. 14,1-3: Kinder seid ihr des Herrn eures Gottes! Machet euch keine Glatze zwischen euern Augen um einen Todten.
Denn ein heiliges Volk bist du dem Herrn, deinem Gotte, und dich hat der Herr erkoren ihm zu sein ein Eigentumsvolk unter allen Völkern auf der Fläche des Erdbodens.
Do sollst keinen Gräuel essen.
Die h. S. schließt daselbst V. 21: Ihr sollt kein Aas essen; dem Fremdling in deinen Toren kannst du es geben, daß er es esse oder verkaufen einem Ausländer, denn du bist ein heiliges Volk, dem Herrn, deinem Gotte.
Du sollst nicht kochen ein Böcklein in der Milch seiner Mutter!
Hieraus ersiehst du, wie alle diese Verse übereinstimmend bezeugen, daß die verbotenen Tiere, um ihrer Unreinheit und Niedrigkeit willen, den Israeliten verboten worden, die Heilige und Söhne Gottes sind, indem die unreine Speise den Körper, der davon genießt, verunreinigt, die Unreinheit des Körpers teilt sich der ihm innewohnenden Seele mit; die verunreinigte Seele aber kann nicht in das Heiligthum, nämlich wieder zu Gott gelangen, der sie gegeben, sondern wird ausgerottet aus ihrer himmlischen Heimat.
Deswegen spricht sich auch die Schrift in Bezug auf die Völker aus, welche diese unreinen Gegenstände genießen, Jes. 66,17: Die da essen das Flesch vom Schwein, vom Gräuel und der Maus allesamt werden sie dahinschwinden, spricht der Herr.
Da nun aus den Worten des göttlichen Gesetzes klar hervorgeht, daß die unreine Speise den Körper desjenigen, der davon genießt, verunreinigt, so ist auch der Einwand, den die Christen, gestützt auf die Behauptung ihres Evangeliums, erheben, daß nämlich was durch den Mund in den Menschen hineinkommt, ihn nicht verunreinige, sondern nur was aus dessen Mund herauskommt ein durchaus nichtiger, da er den Worten der h. S. geradezu widerspricht.
Denn könnte die unreine Speise, die durch den Mund in den Menschen hineinkommt, denselben, wie sie behaupten, nicht verunreinigen, warum hat Gott an vielen Stellen seines Gesetzes geboten, die unreinen Gegenstände nicht zu essen und dabei gesagt: Verunreinigt euch nicht mit denselben denn ihr müsst durch sie unrein werden; und ferner: Ihr dürft eure Seelen nicht verunreinigen durch alles Kriechende f.f.; aus welchen Sätzen deutlich zu ersehen, daß die unreine Speise so Körper wie Seele verunreinigt, wie schon oben erwähnt.
Und wenn dem also ist, wer will sich erkühnen, dem göttlichen Worte zu widersprechen, seinem Ausspruche entgegen zu entscheiden, und zu erlauben, was er verboten?
Ja, würde die unreine Speise, die durch den Mund in den Menschen hineinkommt, nicht verunreinigen, warum haben die Apostel, Apostel Geschichte 15,20 verboten, Ersticktes und Blut zu essen?
Und hat sich doch Adam, der erste Mensch, durch keine andere Handlung versündigt, als nur durch Essen.
Hat er sich nun versündigt dadurch, daß er einen einzigen verbotenen Gegenstand nur einmal gegessen, um wie viel mehr erst müssen die sich versündigen, die sich zu keiner Zeit irgend eines von allen verbotenen Tieren enthalten?
Doch abgesehen von all dem ist die Behauptung des Matthäi und Markus, daß Alles, was durch den Mund in den Menschen hineinkommt, ihn nicht verunreinige, sondern nur was aus dem Munde herauskommt, an und für sich allseitig eine unwahre, indem sogar erlaubte Getränke, namentlich die berauschenden, wie Wein, Bier und dergleichen, sobald sie in zu großer Menge durch den Mund in den Menschen hineinkommen, denselben ohne Zweifel verunreinigen, wofür Noah und Lot Zeugnis ablegen, während Worte des lebendigen Gottes, Lob und Preis Gottes, Worte der Weisheit und Sittenlehre oder sonstige zur Erhaltung des menschlichen Lebens notwendige Worte, die aus dem Munde des Menschen herauskommen, sicherlich denselben nicht verunreinigen, sondern ihm vielmehr das Prädikat eines heiligen Mannes erwerben.
Wir finden übrigens, daß die h. S. durch die Weissagung des Secharjah verheißen, daß in Zukunft auch andere Völker weder But noch Unreines noch Gräuel genießen werden, wie es Secharjah 9,7 heißt: Ich werde abschaffen das Blut aus seinem Munde und seine Gräuel von seinen Zähnen f.f., was auch der gelehrte, jüngste christliche Übersetzer Simon Budny in seinem Kommentar zu diesem Verse so aufgefasst; schlage daselbst nach, und du wirst Vergnügen finden.